Laute Debatten zum »Stillen Gedenken«

Marzahn-Hellersdorf

Bericht zur Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung am 22. Februar 2019.

Es wurde viel diskutiert in der Bezirksverordnetenversammlung im Februar: Die Zusammenlegung zweier Schulen und besonders die Gedenkveranstaltung im Januar führten zu teils hitzigen Debatten.  

Die geplante Zusammenlegung der neuen ISS Mahlsdorf mit der Mozart-Gemeinschaftsschule aus Hellersdorf hatte bereits Tage zuvor in den sozialen Netzwerken zu Aufregung geführt. Unsere Fraktion hatte zur Auslagerung der Mozart-Oberstufe einen Standort in unmittelbarer Schulnähe favorisiert. Da Anfang des nächsten Jahres der Brandschutz an der Mozart-Schule erlischt, die neue und naheliegende Container-Schule in der Sebnitzer Straße in Hellersdorf aber nicht rechtzeitig fertig wird, steht nun die Zusammenlegung an. Im Internet reagierten darauf manche bissig und äußerten sich teils verächtlich gegenüber den Hellersdorfer Schüler*innen der Mozart-Schule. Die Auffassung, dass der Prozess nicht perfekt verlaufen sei, teilten alle Fraktionen. “Die jetzige Lösung ist nicht optimal, wir hatten eine andere favorisiert. Aber in der aktuellen Lage ist sie die beste.”, resümierte unser bildungspolitischer Sprecher Steffen Ostehr nach der anhaltenden Kritik der CDU-Fraktion in der BVV. 


Unsere Priorität in diesem Monat war die Bereitstellung von Kita-Plätzen im Bezirk. Unser Sprecher für Haushalt, Personal und Bürgerdienste, Klaus-Jürgen Dahler, begrüßte in seiner Rede die Anstrengungen des Bezirksamtes, die bisher 118 Kitas im Bezirk auf 139 auszubauen. "Aber das wird nicht ausreichen, um dem wachsenden Bedarf gerecht zu werden. Die offenen Stellen in den Kitas sind damit noch immer nicht besetzt.", fügt er hinzu. Auf die Frage, wie viele Kinder im Vorschulalter in unserem Bezirk keinen Kita-Platz hätten, antwortete Gordon Lemm (SPD), Bezirksstadtrat für Schule, Sport, Jugend und Familie, dass auf der Warteliste 150 Kinder stünden. Das seien aber lediglich Kinder jener Eltern, die sich auch ans Jugendamt gewandt hatten. Schätzungen zufolge gäbe es bezirksweit 500 Kinder, die einen Anspruch auf einen Platz hätten, aber keinen haben. Mit unserem Antrag fordern wir das Bezirksamt daher auf, gemeinsam mit dem Land Berlin eine Offensive zu starten, um den Erzieher*innenberuf attraktiver zu machen. Wir unterstützen vollumfänglich die Forderungen der GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) und der streikenden Erzieher*innen nach sechs Prozent mehr Entgelt, mindestens aber 200 Euro mehr im Monat bei einer Laufzeit für ein Jahr. Da der Bund ab diesem Jahr mehr als 100 Millionen Euro für die Kitas überweist, seien die Forderungen der Beschäftigten auch finanzierbar, so Dahler.  

Ein anderes Thema, das viele Anwohner*innen bewegte, waren die Baumrodungen am Plaza Marzahn, genau genommen an der Mehrower Allee 22. Unser Fraktionschef Bjoern Tielebein hat deshalb in der BVV nachgefragt. Die Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle (DIE LINKE) teilte mit, dass ein privater Bauherr dort ein 14-geschossiges Wohngebäude plane. Im Erdgeschoss soll es Gewerbeflächen geben, darüber WGs für Senior*innen sowie Appartements und 2-3-Zimmer Wohnungen. Über einen Baubeginn konnte das Bezirksamt noch keine Auskunft geben, der Bauantrag liege aber vor.

Eine große Anfrage der AfD-Fraktion zu den Ereignissen beim »Stillen Gedenken« zu Ehren der Opfer des Nationalsozialismus am 26. Januar 2019 auf dem Parkfriedhof Marzahn führte in der letzten Stunde der Sitzung zu einer langen, hitzigen Debatte. Aktivist*innen der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) hatten AfD-Mitgliedern bei der Gedenkveranstaltung im Januar den Zugang zum Ort der Kranzniederlegung verwehrt. Dagmar Pohle, die selbst beim Gedenken auf Grund von Krankheit nicht anwesend sein konnte, teilte der empörten AfD-Fraktion in der BVV mit, dass sie sich ein stilles Gedenken gewünscht hätte, aber “Verständnis für Menschen hat, die aus ihrer politischen Auffassung heraus nicht ertragen können, dass Vertreter und Vertreterinnen der AfD an einem Gedenken für die Opfer des Nationalsozialismus teilnehmen”. Die Frage, ob das Bezirksamt Anzeige gegen die Aktivist*innen erstattet habe, verneinte Bürgermeisterin Pohle.  

Schnell ging es in der Diskussion nicht mehr um die Gedenkveranstaltung selbst, sondern um eine Grundsatzdebatte: Die AfD-Fraktion stilisierte sich wieder einmal als Opfer und tätigte verharmlosende Vergleiche von Nazis und Antifaschist*innen. Besonders die linken Verordneten erinnerten daran, dass Proteste gegen die Teilnahme von AfD-Mitgliedern an solchen Gedenktagen nachvollziehbar seien, mit den Mitgliedern der VVN-BdA führe man dazu allerdings auch kritisch-solidarische Gespräche. Das Kernproblem sei aber nicht ein Protest, sondern die Tatsache, dass die AfD immer wieder mit geschichtsrevisionistischen und verharmlosenden Beiträgen zur NS-Zeit auffiele und so ihr Mangel an geschichtlichem Wissen zu deutschen Verbrechen offenbare.  

Unser Sprecher für Siedlungsgebiete und Verkehr, Eberhard Roloff, beendete mit seinem Redebeitrag die BVV an diesem Tage mit einem passenden Zitat von August Bebel: “Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten.”

Beschlossene Anträge der Linksfraktion:

  • Bessere Schienenanbindung des Berliner Nordostens
  • Ein BerlKönig für Marzahn-Hellersdorf! Das Bezirksamt soll sich dafür einsetzen, dass der Ridesharing-Service der BVG "BerlKönig" auch in Marzahn-Hellersdorf angeboten wird.
  • Informationsveranstaltung zur Auslagerung der Mozart-Schule nach Mahlsdorf
  • Personelle Unterstützung zur Koordination der neuen Schule in Mahlsdorf
  • Gleichberechtigte Teilhabe für Menschen mit Behinderung
  • Übersicht zum Wohnungsneubau