Zur Studie Sozialräumliche Demokratieentwicklung - Das Beispiel Marzahn-Hellersdorf

Am Mittwoch, dem 3. Juni 2015 wurde in der Alice-Salomon-Hochschule die Studie Sozialräumliche Demokratieentwicklung – Das Beispiel Marzahn-Hellersdorf vorgestellt. Die Studie untersucht mit Hilfe qualitativer Forschungsmethoden – d. h. mit Interviews mit ausgewählten bezirklichen Akteuren – in vier Teilen die Demokratieentwicklung in Marzahn-Hellersdorf.

Am Mittwoch, dem 3. Juni 2015 wurde in der Alice-Salomon-Hochschule die Studie Sozialräumliche Demokratieentwicklung – Das Beispiel Marzahn-Hellersdorf vorgestellt. Die Studie untersucht mit Hilfe qualitativer Forschungsmethoden – d. h. mit Interviews mit ausgewählten bezirklichen Akteuren – in vier Teilen die Demokratieentwicklung in Marzahn-Hellersdorf. Gespräche wurden mit Vertreter*innen der Kommunalpolitik, des Bezirksamtes, der Jugendhilfe, der Stadtteilzentren, von Initiativen und Vereinen sowie Kindern geführt.

Die Fraktion der Bündnisgrünen will noch in diesem Jahr zusammen mit allen BVV-Fraktionen die Studie in einer Bürgerversammlung vorstellen und diskutieren.


Zur Studie:

Die wesentlichen Teile sind:

  1. Sozialstrukturanalyse

  2. Überblick über die bezirkliche Angebotsstruktur

  3. Gelingensbedingungen und Exklusionsmechanismen

  4. Ideologien der Ungleichwertigkeit und Gegenstrategien

Zusammenfassend stellt die Studie fest: Die Gelingensbedingungen für Demokratieentwicklung sind in Marzahn-Hellersdorf vorhanden. Viele Menschen identifizieren sich mit dem Bezirk und sind mit ihrer Wohnsituation zufrieden. Zudem bietet der Bezirk eine vielfältige Angebotsstruktur, auch bei der Kinder- und Jugendarbeit. Es gibt viele Vereine und Initiativen und auch die Dichte der Stadtteilzentren ist im Vergleich zu anderen Bezirken und Städten sehr hoch. Die Vernetzung unter den Akteuren wird als positiv bewertet. Die Angebote in den Stadtteilzentren könnten jedoch noch niedrigschwelliger sein. Auch die Angebote an direkter Demokratie und Beteiligungsgremien werden in der Studie als noch zu hochschwellig eingeschätzt und könnten noch kontinuierlicher sein.

Kritisiert wird, dass die Angebotsstruktur stabil aber nicht offen sei. Die Arbeit in den Stadtteilzentren und Quartiersräten werde überwiegend durch ältere Menschen geleistet. Dies hänge vor allem damit zusammen, dass jüngere Menschen sich soziales Engagement oft nicht „leisten“ können, da sie selbst mit sich und ihrer finanziellen Situation beschäftigt sind. Mangelnde Fähigkeiten sich mündlich adäquat ausdrücken zu können, führe in Verbindung mit mangelnder Bildung zur „Selbstexklusion“. Sog. politikferne Millieus fühlten sich dadurch ohnmächtig. Die ablehnende Haltung gegenüber Repräsentanten der parlamentarischen Demokratie und die teilweise aggressiven Äußerungen auf Demonstrationen gegen Flüchtlingsheime ließe sich laut Studie dadurch erklären. Bei der Vorstellung der Studie wurde auch hervorgehoben, dass politische Partizipation ist nicht immer demokratiefördernd sein müsse. Diese These wird duch die rassistischen Montagsdemonstrationen belegt. Kritisiert wird auch, dass sich zivilgesellschaftliche Initiativen oft für Partikularinteressen einsetzen würden. Viele Bürger*innen sind aber aus genannten Gründen auf eine starke Interessenvertretung angewiesen.

Im Kapitel Ideologien der Ungleichwertigkeit und Gegenstrategien kritisiert die Studie, dass es keine klare Positionierung des Bezirksamtes gegen Rechtsextreme gebe. Die Beschwörung der Formel vom „Ort der Vielfalt und Toleranz“ reiche nicht aus. Auch eine bezirkliche Gesamtstrategie sei nicht vorhanden. Der Alltagsrassismus müsse stärker zurückgewiesen werden. Kritisiert wird auch Polis*, die bezirkliche Koordinierungsstelle für Demokratieentwicklung am Ort der Vielfalt Marzahn-Hellersdorf: Zum einen weil organisierte Neonazis nicht ausreichend beleuchtet würden. Zum anderen weil Polis* nicht zeitnah arbeite.

Zur Förderung der Demokratieentwicklung wird in der Studie gefordert, die Angebote im Sozialraum zu öffnen, Regelstrukturen ausreichend zu finanzieren, bestehende Angebote durch den Bezirk besser zu koordinieren, Lücken im Integrationsbeirat zu schließen und die Arbeit von Polis* zu verbessern.

Fazit:

1. Der Bezirk bietet mit seiner Vielzahl an öffentlichen Einrichtung gute Ausgangsbedingungen. Hiermüssen die Partizipationsmöglichkeiten noch für breitere Bevölkerungsschichtengeöffnet werden.

2. Der Zweck der Förderung bezirklicher Demokratieentwicklung in Form zivilgesellschaftlichen Engagements sollte aber nicht darin bestehen, die öffentliche Daseinsfürsorge mangels finanzieller Mittel durch kommunitaristische Elemente ersetzen zu wollen. Zivilgesellschaftliches Engagement kann nicht die kommunale Zuwendung ersetzen. Es erreicht nicht alle und ist oft von Partikularinteressen geleitet.

3. Eine Gesamtstrategie des Bezirkes gegen Rechtsextremismus ist erforderlich.


Thomas Braune
Mitarbeiter für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit