Wie sieht es aus, ein Jahr nach Merkels „Wir schaffen das“?

In Informationsveranstaltungen zu neuen Standorten für Geflüchtete, für die ich mich in den letzten Monaten besonders verantwortlich gefühlt habe, hat sich gezeigt, dass viele Bürgerinnen und Bürger von der herrschenden Politik enttäuscht sind, und das auf mehreren Ebenen. Trotz Wirtschaftswachstum, trotz Rückgangs der Arbeitslosigkeit sind viele Sorgen gewachsen, sind die Ängste eher gestiegen. Das Empfinden ist: Weder im Bund, noch im Land Berlin, noch im Bezirk wurden wichtige Themen so angegangen, dass die Menschen sich gut informiert, inhaltlich ernst genommen und sinnvoll beteiligt fühlen.

Eine sinnvolle Kommunikation über die Unterkünfte und Informationen über die wirklichen Zahlen der Geflüchteten ist weder durch die Bundesregierung noch den Senat erfolgt. Das hat, wie nun auch der Bundesinnenminister eingestehen musste, Ängste geschürt. Auch ein Jahr nach der Ankunft sind Turnhallen, auch im Bezirk, nicht geräumt, eine bereits vor mehr als einem Monat eingerichtete Entlastungsunterkunft nicht belegt. Verantwortliches Management durch die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales und das Landesamt für Flüchtlinge geht anders!

Aktuell leben in unserem Bezirk ca. 2.300 Geflüchtete und Asylsuchende in zwei Gemeinschaftseinrichtungen, vier Notunterkünften in festen Gebäuden und zwei Turnhallen. Seit über einem Monat ist eine Containerunterkunft in der Zossener Straße baulich fertiggestellt, nach langen Querelen zur Benennung eines Betreibers und der Einrichtung der Unterkunft sollen nun hoffentlich Mitte Oktober die Bewohnerinnen und Bewohner der beiden Turnhallen einziehen können. Vorab wird es noch einen Tag der offenen Tür geben, damit sich die Anwohnerinnen und Anwohner ein Bild von den Wohnbedingungen ihrer neuen Nachbarn machen können. Und gern sind engagierte Ehrenamtliche gewünscht, die den Menschen Unterstützung geben, sich in ihrer neuen Umgebung zurechtzufinden.

Im Laufe der nächsten Monate werden die sich im Bau befindlichen modularen Unterkünfte fertiggestellt werden. Dann werden dort etwa 1.600 Menschen, vor allem Familien, einziehen können. Ich dränge massiv darauf, endlich die Betreiber für diese Gemeinschaftseinrichtungen durch das Landesamt für Flüchtlinge zu benennen, damit wir die Anwohnerinnen und Anwohner nicht nur informieren, sondern gemeinsam mit den Betreibern auch die Eröffnung vorbereiten und gute Bedingungen für eine gedeihliche Nachbarschaft schaffen können. Dazu brauchen wir alle, die uns bereits unterstützt haben oder gerade in den Aktionen rund um den Wahlkampf zu uns gefunden haben, junge Menschen, die es nicht zulassen wollen, dass der Bezirk wieder in eine rassistische Ecke rückt. Es ist gut, dass sich viele engagieren wollen. Vor allem aber ist es nötig. Ein Dankeschön an alle, die schon jetzt ihre Unterstützung deutlich gemacht haben. Es kommt auf jede und jeden an.

Dagmar Pohle
Stellvertretende Bezirksbürgermeisterin und Bezirksstadträtin für Gesundheit und Soziales