Ist das das Ende einer starken Jugendhilfe im Bezirk? SPD, CDU und Bündnis-Grüne ignorieren Jugendhilfeausschuss und setzen reine Machtpolitik fort

"Es ist ein einmaliger Vorgang im Bezirk, dass der für alle Angelegenheiten der Jugendhilfe zuständige Ausschuss nicht an einem Verfahren zur Übertragung eines Jugendklubs beteiligt wird."

Zum Beschluss der BVV eine neue Ausschreibung zur Übertragung der Jugendfreizeiteinrichtung Balzerplatz anzustreben, erklärt der jugendpolitische Sprecher der Linksfraktion Marzahn-Hellersdorf und stellvertretende Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses (JHA), Bjoern Tielebein:

Die Bezirksverordnetenversammlung hat am 26. April 2012 einen Beschluss gefasst, der das Bezirksamt ersucht eine Neuausschreibung der Jugendfreizeiteinrichtung Balzerplatz durchzuführen.

Die Linksfraktion hat gegen diesen Antrag von SPD, CDU und Bündnis-Grünen gestimmt.

Zum einen ist es nicht nachvollziehbar, warum diese Parteien in der letzten Sitzung der BVV noch Akteneinsicht in das durchgeführte Verfahren beantragt haben, jetzt jedoch nicht einmal ein Ergebnis dessen abwarten wollen. Weiterhin wurde auch in der gestrigen Sitzung der BVV kein möglicher Verfahrensfehler dargelegt. Es ist also nicht erkennbar, warum das durch den Jugendhilfeausschuss begleitete Verfahren jetzt keine Gültigkeit mehr haben soll.

Das „neue“ an dem von SPD, CDU und Bündnis-Grünen vorgeschlagenen Verfahren ist die Einbindung von zwei VertreterInnen einer BürgerInnen-Initiative. Bisher ist jedoch nicht bekannt, wie diese bestimmt werden, welche Funktion sie in der Jury einnehmen sollen und ob dies mit den Richtlinien zur Durchführung eines solches Verfahrens überhaupt zulässig ist. Die in der BVV genannten Anregungen sollten für künftige Übertragungsverfahren geprüft werden. Dennoch kann die erfolgte rechtmäßig durchgeführte Trägerauswahl dadurch nicht einfach aufgehoben werden.

Weiterhin soll die nunmehr vorgeschlagene Jury ausschließlich durch FraktionsvertreterInnen der BVV und MitarbeiterInnen des Bezirksamtes (BA) bestehen. Bisher hatte der JHA die weiteren Mitglieder gewählt, um eine möglichst hohe Fachlichkeit zu gewährleiten. Dabei konnten neben Bezirksverordneten auch weitere JHA-Mitglieder wie VertreterInnen Freier Träger der Jugendhilfe bestimmt werden.

Der Jugendhilfeausschuss (JHA) hat sich in seiner letzten Sitzung mit der Übertragung der Einrichtung befasst und einen Beschluss zum weiteren Vorgehen herbeigeführt. Dieser wird offenbar durch SPD, CDU und Grüne ignoriert. Beschlüsse des JHA können jedoch nicht einfach aufgehoben werden, der JHA hat das SGB VIII, also ein Bundesgesetz, als Grundlage. Warum die Ausschussvorsitzende hierbei nicht eingeschritten ist, ist mir völlig schleierhaft.

Die Linksfraktion hatte in der Debatte vorgeschlagen, den Antrag der drei Parteien im Hauptausschuss und dem Jugendhilfeausschuss zunächst zu beraten. Dieses wurde abgelehnt.

Es ist ein einmaliger Vorgang im Bezirk, dass der für alle Angelegenheiten der Jugendhilfe zuständige Ausschuss nicht an einem Verfahren zur Übertragung eines Jugendklubs beteiligt wird. Gem. §71 Absatz 2 und 3 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes ist zumindest eine Anhörung des JHA vor einer Beschlussfassung erforderlich. Außerdem beschließt der JHA über die dem Jugendbereich zur Verfügung stehenden Mittel.

Weiterhin besagt die Geschäftsordnung der BVV im §20 Absatz 5, dass Anträge die mit Haushaltsmittel im Zusammenhang stehen zuerst im Hauptausschuss zu beraten sind. Bei der Vergabe der Einrichtung geht es um Mittel in Höhe von knapp 120.000,- € .

Ich fordere die Vorsteherin der BVV auf dieses zu überprüfen und ggf. die gestrige Beschlussfassung für ungültig zu erklären.

Es ist mir unerklärlich, warum die drei Parteien erst kurz vor Beschlussfassung der Übertragung in der BVV ihre Kritik an der Gesamtausrichtung des Verfahren dargestellt haben. Bereits zuvor hatte die SPD noch im Jugendhilfeausschuss beantragt, die Jury-Zusammensetzung abzuändern. Dem war der JHA gefolgt. Das die drei Parteien das Verfahren im Gesamten ablehnen, hat zu diesem Zeitpunkt keine VertreterIn von SPD, CDU und Bündnis-Grünen deutlich gemacht. Ebenso erstaunlich ist hierbei, warum sich ein SPD-Vertreter dann überhaupt an der Jury beteiligt hat.

Auch völlig unverständlich erscheint mir, dass der Bezirksbürgermeister Komoß zu all dem schweigt. Immerhin hatte doch das Bezirksamt, dem bekanntermaßen drei Mitglieder von SPD und CDU angehören, mehrheitlich die Vorlage zur Übertragung der Einrichtung an den im Februar 2012 ausgewählten Träger beschlossen.

Neun Mitglieder des Jugendhilfe- und des Hauptausschusses haben von der Möglichkeit der Akteneinsicht Gebrauch gemacht. Der JHA wird in seiner nächsten Sitzung über das weitere Vorgehen erneut beraten. Sollten auch bis zu diesem Zeitpunkt keine relevanten Verfahrensfehler dargelegt werden, werde ich dem Ausschuss empfehlen einen Beschluss zur Übertragung der Jugendfreizeiteinrichtung Balzerplatz an den im Februar 2012 ausgewählten Träger zu fassen und in die BVV erneut einzubringen.

Die Verantwortung der Ausschussvorsitzenden die Rechte des Jugendhilfeausschusses zu schützen, werde ich ebenfalls thematisieren.