Behindert in der Bundesrepublik

Im vorigen oder Anfang dieses Jahres habe ich eine Petition unter dem Titel „Recht auf Sparen und für ein gutes Teilhabegesetz“ unterschrieben. Kürzlich las ich in einem Blog der Journalistin Christiane Link: Zwei Jahre lang haben die Initiatoren für ihre Petition geworben und konnten der Ministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles (SPD), jetzt mehr als 280.000 Unterschriften überreichen. Und die Zahl der Unterstützer steigt weiter an.

Im vorigen oder Anfang dieses Jahres habe ich eine Petition unter dem Titel „Recht auf Sparen und für ein gutes Teilhabegesetz“ unterschrieben. Kürzlich las ich in einem Blog der Journalistin Christiane Link: Zwei Jahre lang haben die Initiatoren für ihre Petition geworben und konnten der Ministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles (SPD), jetzt mehr als 280.000 Unterschriften überreichen. Und die Zahl der Unterstützer steigt weiter an.

Die Petition tritt dafür ein, dass auch Menschen, die auf Assistenz im Alltag angewiesen sind und dafür Geld vom Staat erhalten, das Recht bekommen zu sparen. In Deutschland werden voll berufstätige Menschen mit Behinderungen daran gehindert, zu sparen. Sie dürfen nicht mehr als 2.600 Euro auf dem Konto haben. Danach wird alles abgezogen, wenn sie Geld zur Finanzierung ihrer Assistenz erhalten. Aber ein behinderter Mensch zahlt ebenso Steuern und Abgaben. Darüber hinaus zieht der Staat aber bis zu 40 Prozent des Einkommens zusätzlich ab, wenn er oder sie auf Assistenz angewiesen ist. Die Petition fordert, dass auch Menschen mit Behinderungen ein angemessenes Gehalt für sich behalten dürfen, wenn sie arbeiten und wegen ihrer Einschränkungen Assistenzleistungen in Anspruch nehmen müssen.

Das alles könnte im neuen Teilhabegesetz geregelt werden, das die Politik zwar vollmundig angekündigt hat, aber dessen Entwurf weiter auf sich warten lässt. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung hatte man sich darauf verständigt, die Leistungen an Menschen mit Behinderungen aus dem bisherigen “Fürsorgesystem” herauszuführen und die Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilhaberecht weiterzuentwickeln.

Ursprünglich sollte ein erster Gesetzentwurf Mitte dieses Jahres vorgelegt werden, aber bislang ist das nicht geschehen. Und ob dann wirklich Assistenzleistungen von der Sozialhilfe, die die Einkommens- und Vermögensbeschränkung regelt, abgekoppelt werden, ist derzeit auch nicht sicher. Dabei geht es de facto um die Entscheidung, ob behinderte Menschen, die auf Assistenz angewiesen sind, weiter in der Armutsfalle bleiben, nichts für ihre Rente ansparen dürfen, sich keinen Urlaub gönnen oder größere Anschaffungen tätigen dürfen. Es stellt sich also die Frage: Bleibt gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen eine Floskel, oder schlägt sie sich auch in Gesetzen nieder?

Sabine Schwarz
Behindertenpolitische Sprecherin