AfD wäscht Nazi weiß

Am 26.Januar begann die BVV mit einer Feierstunde aus Anlass des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus in Anwesenheit von Kameradinnen und Kameraden der VVN/BdA. Unsere Bürgermeisterin Dagmar Pohle hielt eine mahnende und bewegende Rede.

Die Sitzung wurde mit zwei persönlichen Erklärungen eröffnet. Zu persönlichen Erklärungen gibt es keine Debatten. Der Bezirksverordnete Jens Pochandke von der AfD fühlte sich anlässlich der Gedenkveranstaltung am Sonnabend zuvor an der Stele für die Zwangsarbeiter*innen auf dem Friedhof Wiesenburger Weg, an der er teilgenommen hatte, nicht vertreten. Insbesondere nicht durch die Rede von Manuela Schmidt, Vizepräsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses.

Die zweite persönliche Erklärung gab der zweite stellvertretende Vorsitzende der AfD-Fraktion, Werner Wiemann ab. Was er mit Angriffen auf den Verordneten Dimitri Geidel, SPD, und unseren Fraktionsvorsitzenden Björn Tielebein verband, war der Versuch des Weißwaschens von Bernd Pachal, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der AfD. Wie bekannt, hatten sich Dimitri Geidel und Björn Tielebein in persönlichen Erklärungen in der vorangegangenen Sitzung der BVV scharf mit Pachal auseinandergesetzt. Ursache war ein Blog von Pachal, in dem er Reinhard Heydrich u.a. als klugen Politiker bezeichnete. Der Leiter des sog. Reichssicherheitshauptamtes der Nazis, stellvertretender „Reichsprotektor für Böhmen und Mähren“, verantwortlich für die Ermordung von Millionen jüdischer Menschen ein kluger Politiker, der in der Tschechoslowakei anerkannt und beliebt war? Geidel und Tielebein hatten die Fraktion aufgefordert, sich von Pachal zu distanzieren.

Zwischen den Beratungen der genannten BVV gab die AfD eine Pressemeldung heraus, in der sie sich von den Äußerungen Pachals distanzierte. Sie hätten sie nicht gekannt, sie seien entsetzt. Und nun Wiemann: Nichts davon. „Pachal, ein Demokrat, auf dem Boden des Grundgesetzes stehend, nun ja, hinzulernen könne ja jeder, nicht richtig zitiert, aus dem Zusammenhang gerissen, ja, es gäbe immer kluge und dumme Politiker, so auch bei den Nationalsozialisten“ usw. usf. Kein Wort darüber, dass Heydrich ein Kriegsverbrecher war, der durch ein Attentat starb, woraufhin die Nazis als „Vergeltung“ das Dorf Lidice dem Erdboden gleichmachten, alle Männer über 16 Jahre erschossen, die Frauen ins KZ und die Kinder zur „Umerziehung“ brachten.

Dafür Zitate: Wiemann zitiert Engels, Lenin, Ernst Jandl. Er zitierte auch Thomas Mann, aus dem Zauberberg. Allerdings fehlt diese Passage in der nunmehr auf die Seite der AfD gestellten persönlichen Erklärung. Vielleicht aus folgendem Grund: Thomas Mann nahm in einer Rundfunkansprache der BBC zum Attentat auf Heydrich Stellung, Heydrichs Tod nannte er den „natürlichsten Tod, den ein Bluthund wie er“ habe sterben können. „Wohin dieser Mordknecht kam, floss das Blut in Strömen. Überall, auch in Deutschland hieß er schlecht und Recht ‚der Henker’ [...]Nun, er ist ermordet worden. Und wie nehmen die Nazis das auf? Sie fallen in Krämpfe. Sie stellen sich buchstäblich an, als sei die unfasslichste Missetat geschehen, als sei der Menschheit Höchstes angetastet [...] und ein anderer Metzgermeister, Himmler, sagt ihm am Grabe nach, er sei eine reine Seele und ein Mensch von hohem Humanitätsgefühl gewesen. Das alles ist verrückt.“

Was hat den Sinneswandel der AfD bewirkt? In der Presseerklärung Distanzierung gegenüber Pernd Pachal und seinen Äußerungen, in der BVV nun die Verharmlosung. Wiemann nennt die Erklärungen von Dimitri Geidel und Björn Tielebein sowie die Berichterstattung darüber in zwei Tageszeitungen eine linke Schmutzkampagne gegen die AfD. Und sie, die AfD, bräuchte keinen Nachhilfeunterricht in Sachen Demokratie. Man könnte mit Thomas Mann sagen: Das alles ist verrückt. Doch das trifft es nicht. Das hat Methode. Pachal wäscht den Kriegsverbrecher Heydrich weiß, Wiemann wäscht Pachal weiß.

Ich mag mir nicht vorstellen, wie die Kameradinnen und Kameraden der VVN/BdA auf die Erklärung von Werner Wiemann reagiert hätten. Sie haben vor den persönlichen Erklärungen den Saal verlassen. Eine solche Erklärung am Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus! Das ist eine Verhöhnung der Opfer.

Erst zum Schluss der BVV gab es die Gelegenheit, sich dazu politisch zu verhalten. Es lag eine zwischen uns, der SPD, der CDU und den Grünen abgestimmte Resolution „Die Marzahn-Hellersdorfer BVV für Vielfalt und Demokratie“ vor. Die lehnte die AfD, der Fraktionsvorsitzende, dann einzelne ihrer Vertreter*innen mit unterschiedlichsten Begründungen ab. Es gab eine Auseinandersetzung mit der AfD durch Björn Tielebein und Alexander Herrmann, Fraktionsvorsitzender der CDU. Als Werner Wiemann Björn Tielebein erneut angriff, habe ich ihm das Studium des Nürnberger Kriegsverbrecherprozesses empfohlen und eine rechtliche Überprüfung seiner persönlichen Erklärung angekündigt. Das ist das wahre Gesicht der AfD.

Norbert Seichter
Bezirksverordneter und Bezirksvorsitzender