Wehret den Anfängen!

Marzahn-Hellersdorf

Anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee, der dazu in Marzahn-Hellersdorf stattfindenden Gedenkveranstaltungen und angekündigten Proteste gegen die Teilnahme der AfD an diesen Veranstaltungen, erklären Bjoern Tielebein, Vorsitzender der Linksfraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Marzahn-Hellersdorf und Kristian Ronneburg, Bezirksvorsitzender der LINKEN Marzahn-Hellersdorf:

Auch in diesem Jahr begeht die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Marzahn-Hellersdorf den Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee. Am 23. Januar 2020 werden wir zu Beginn der BVV-Sitzung diesen Anlass mit einer Feierstunde würdigen. Zuvor, um 15 Uhr, findet erneut die traditionelle Kaffeetafel der BVV für Angehörige der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten statt. 

Ein weiterer Teil bezirklicher Gedenkkultur ist das „stille Gedenken" auf dem Parkfriedhof Marzahn. Es findet alljährlich an der Stele für die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter statt. Als Veranstaltende fungieren seit vielen Jahren die BVV und der Marzahn-Hellersdorfer Heimatverein gemeinsam.

Seitdem die AfD in der BVV vertreten ist, nehmen Mitglieder dieser Fraktion an solchen Veranstaltungen der BVV teil. Die Rednerinnen beim stillen Gedenken 2017 (Dr. Manuela Schmidt, Vize-Präsidentin des Abgeordnetenhauses) und 2018 (Dagmar Pohle, Bezirksbürgermeisterin) bezogen daher in ihren Beiträgen klar Stellung und machten deutlich, dass jede Form von neonazistischem, rassistischem und antisemitischem Denken und Handeln auf unseren Widerstand trifft. Dr. Manuela Schmidt verurteilte beispielsweise die von AfD-Abgeordneten kurz zuvor geäußerten antiziganistischen Bemerkungen im Abgeordnetenhaus. Dagmar Pohle wandte sich mehrfach in der BVV gegen die Versuche der AfD antifaschistische Gruppe zu delegitimieren.

Im Nachgang gab es immer wieder Beschwerden durch Mitglieder der AfD über die jeweiligen Reden. Selbstverständlich blieben diese erfolglos.

Im vergangenen Jahr protestierten Antifaschist*innen gegen die Teilnahme der AfD an dieser Veranstaltung insgesamt. 

Wir halten eine Teilnahme der AfD an solchen Gedenkveranstaltungen für unglaubwürdig. Diese Partei, in der auch Neonazis eine politische Heimat gefunden haben, hält eine Distanzierung und klare Abgrenzung von Rassismus für unnötig. Im Gegenteil: Mit ihrer andauernden Hetze gegen Migrant*innen befördert sie Hass und Ausgrenzung. In ihren Reihen befinden sich Personen, die die Organisatoren der Shoa bejubeln und auch solche, die eine Abkehr von der bisherigen Gedenkkultur in diesem Land fordern. Während die Marzahn-Hellersdorfer AfD-Fraktion vorgibt der Opfer der faschistischen Herrschaft zu gedenken, feiern sie beispielsweise beim Volkstrauertag die Soldaten der Wehrmacht als „Helden". So geschehen im November 2018.

Wir unterstützen das Anliegen der VVN/BdA und weiterer antifaschistischer Gruppen, eine Teilnahme der AfD an solchen Gedenkveranstaltungen nicht unwidersprochen hinzunehmen. Mitglieder unserer Partei und Fraktion werden daher auch an der Kundgebung am kommenden Sonnabend vor dem Parkfriedhof Marzahn teilnehmen. 

Wir werden uns auch weiterhin mit den Positionen der AfD in der BVV offensiv auseinandersetzen und deutlich widersprechen, wenn sie Hass verbreiten. Mitglieder der LINKEN, die an Gedenkveranstaltungen teilnehmen, bei denen auch Mitglieder der AfD anwesend sind, werden auch weiterhin deutlich Position beziehen und eine solche Teilnahme von AfD-Mitgliedern inhaltlich in Frage stellen.

Die Linksfraktion ist mit den anderen demokratischen Fraktionen seit geraumer Zeit darüber im Gespräch, wie ein würdiges und vor allem auch glaubhaftes Gedenken im öffentlichen Raum gewährleistet werden kann. Dabei setzen wir vor allem auf eine gemeinsame Herangehensweise mit SPD, CDU und der Gruppe der Bündnis-Grünen. Einen alleinigen Ausstieg unserer Fraktion aus Veranstaltungen der BVV halten wir für nicht sinnvoll. Gerade solche antifaschistischen Gedenkveranstaltungen haben wir in der Vergangenheit als Tradition der BVV maßgeblich mitbegründet. Daher werden wir als Fraktion nach der Kundgebung der VVN/BdA auch am „stillen Gedenken" auf dem Parkfriedhof teilnehmen, auch wenn es bisher noch nicht gelungen ist, eine gemeinsame neue Form des Gedenkens im öffentlichen Raum, das die unglaubwürdige Teilnahme der AfD ausschließt, zu finden. 

Sollte es im Angesicht einer Teilnahme der AfD am „stillen Gedenken" erneut zu Protesten auf dem Friedhof selbst kommen, halten wir einen Einsatz der Polizei für unangemessen. Dies würde dem eigentlichen Anlass des Gedenkens entgegenstehen.