Zusammen und gemeinsam

Es ist trocken, erste Bäume sterben und die Rechner im Bezirksamt fallen aus – von der deutschen Mannschaft gar nicht zu reden. Wer ist an allem schuld? Natürlich die Flüchtlinge. So in dieser reflexartigen Denkart beantworten heute viele die nicht gestellten Fragen, wenn sie Einschränkungen wahrnehmen. Morgens im Radio – die Gefahr der Einwanderung. Mittags – die Sorge um Überfremdung – nachts verlässt keiner mehr das Haus, damit die Talkshows das Thema Bedrohung ins Hirn bringen können.

Auch wenn ich die Ironie und den Zynismus mal zur Seite lege, bin ich derzeit wirklich auf Krawall gebürstet, was den Anteil am herbeigeschriebenen Rechtsruck betrifft. Die Mannschaft – eben noch hoch bejubelt und beneidet um die Gehälter – wird zum Spielball der Rassisten, die sich nun auf Seite 1 wieder die nationale deutsche Truppe wünschen. Die Grenzen dicht erscheint auch denen wieder als gutes Ziel, die selbst den Prozess eines offenen Europas mit angestoßen und große Apparate in Brüssel einschließlich burgenhafter Vertretung aufgebaut haben. Der seit Jahren eingesickerte Trend, dass Europahasser im Parlament sitzen, macht es möglich von „man wird ja noch sagen dürfen“ bis zu „in einigen Punkten haben sie ja Recht“ und „die Menschen draußen wollen aber nicht mehr Multikulti“. Sie fordern „Schluss mit Genderwahn, Bürgerhaushalt, Integration, Globalisierung und Frauenförderung“.

Mit diesen Trends aus dem Bauch des besorgten Bürgers sind nun nicht nur bekennende rechte Politiker unterwegs. Immer mehr greift der Nationalismus ein in die Bündnisse auch jener Regierungen, in denen eigentlich noch andere Stimmen hörbar sein müssten. Der Ostblock mit Polen, Ungarn wird um Bayern, Italien ergänzt und mit Österreich zum vereinten Lager der Nationalen. Dieser Übermacht der Meinungsbildung sind auch viele Bürger ausgesetzt, deren Herz links schlägt, die sich aber den Argumenten nicht mehr gewachsen fühlen.

Solidarität oder Heimat? Internationalität oder Grenzen zu? Vertrauen wir dem Staat oder sind wir selbst nicht in der Zwickmühle, dass viele Linke sich jetzt die Augen reiben und schwer beurteilen können: Verteidigt Merkel die Demokratie? Überlegt die SPD in Stille oder kommt da noch was? Wird DIE LINKE sich zu einer geeinten Haltung durchringen? Gerade der Sommer bietet jetzt eine gute Chance, das Gespräch zu suchen: beim Fußball, beim Grill mit den Nachbarn, bei den vielen, vielen Festen.

Ich würde mich freuen, wenn wir in den Dialogen mit denen, die Sorge haben, ein deutliches Signal setzen können: Wir im Bezirk jedenfalls stehen für eine offene Gesellschaft, das Miteinander und das Aushalten von Schwierigkeiten. Wir kämpfen hier für praktische Lösungen: Kitaplätze, Schulsanierung, die großen Bauvorhaben – damit alle, die hier leben, sich auch einbringen können. Gut wäre, wenn alle, die mit uns zusammen dafür einstehen, auch das Miteinander pflegen und gemeinsam dafür arbeiten.

Juliane Witt
Bezirksstadträtin für Weiterbildung, Kultur, Soziales und Facility Management