Zwangsräumungen verhindern: Überdurchschnittlich viele Zwangsräumungen im Osten Berlins!
Von 2022 auf 2023 ist die Zahl der Zwangsräumungen berlinweit um rund 22 Prozent gestiegen, wie die Justizverwaltung zuletzt auf Schriftliche Anfragen mehrerer Linke-Abgeordneter hin mitteilte. Besonders brisant: Fast 23 Prozent der Zwangsräumungen haben im Amtsgerichtsbezirk Lichtenberg stattgefunden, zu dem auch der Bezirk Marzahn-Hellersdorf zählt.
Um dagegen anzukämpfen, bräuchte es einerseits faire Mieten und Löhne, andererseits persönliche sozialarbeiterische Betreuung im Ernstfall. Außerdem sollte sich das Bezirksamt beim Senat und den jeweiligen Eigentümern dafür einsetzen, dass Zwangsräumungen sowie Strom- und Gassperren verhindert oder zumindest ausgesetzt werden.
Der Grund für eine Zwangsräumung sind in den meisten Fällen Mietschulden, die nicht mehr beglichen werden können, woraufhin die Eigentümer den Mietvertrag aufkündigen. Wenn die Mieterinnen und Mieter ihre Wohnung dann nicht eigenständig verlassen, erfolgt eine Räumungsklage und im nächsten Schritt die Zwangsräumung durch einen Gerichtsvollzieher. Wenn ein Härtefall vorliegt, hat der Gerichtsvollzieher die Aufgabe, das Wohnungsamt zu kontaktieren, damit dieses im Räumungsfall den Betroffenen eine Übergangswohnung bereitstellen kann. Daraus ergibt sich: Je mehr Zwangsräumungen, desto mehr Zeitdruck, und desto häufiger werden Menschen in die Obdachlosigkeit gedrängt. Im Gerichtsbezirk Lichtenberg ist die Situation – mit 538 Zwangsräumungen allein im Jahr 2023 – besonders dramatisch. Oft haben die Wohnungsämter bis zum Säumnisurteil nur eine Woche Zeit, um zu reagieren. Und während der vormalige rot-grün-rote Senat vorsah, Betroffene vor der drohenden Räumung durch Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter warnen und persönlich beraten zu lassen, hat der CDU/SPD-Senat die Idee nicht weiterverfolgt. Das geht zu Lasten der Ärmsten und Prekärsten.
Abgesehen davon sind Zwangsräumungen auch eine finanzielle Zumutung für die Bezirkshaushalte: Wenn eine Räumung durch verspätete Mietüberweisung noch abgewendet werden kann, kommt dies den Staat in jedem Fall günstiger als die Kosten für Räumung und Notunterkunft.
„Es ist ein absolutes Unding, dass allein der Gerichtsbezirk Lichtenberg im vergangenen Jahr über 500 Zwangsräumungen zu verzeichnen hatte“, kommentiert dazu Bjoern Tielebein, Vorsitzender der Linksfraktion in der Marzahn-Hellersdorfer Bezirksverordnetenversammlung. „Keinem Menschen dürfte einfach so die Wohnung weggenommen werden. Wohnungslosigkeit ist niemals eine angemessene Sanktion, egal welchen Eigenanteil die Mieter an ihrer Situation haben! Und die Zahlen stehen in keinem Verhältnis: Im Gerichtsbezirk Pankow zum Beispiel haben im selben Zeitraum nur 86 Räumungen stattgefunden, also nicht einmal ein Fünftel. Jeder Mensch muss die Chance auf ein Leben in Würde haben!“