Wohnungsbau in Marzahn-Hellersdorf sozial und zukunftsweisend gestalten

Mieten- und WohnungspolitikMarzahn-Hellersdorf

Zur aktuellen Diskussion um Wohnungsbauprojekte in Marzahn-Hellersdorf erklärt der stadtentwicklungspolitische Sprecher und Vorsitzende der Linksfraktion in der BVV Marzahn-Hellersdorf Bjoern Tielebein, dass die Linksfraktion der Bezirksverordnetenversammlung vorschlagen wird, gemeinsame Leitlinien in Ergänzung des Wohnungsmarktentwicklungskonzeptes zu verfassen. Hierbei können Grundsätze wie der weitgehende Verzicht auf Innenhofbebauung sowie Maßnahmen zur verstärkten Bürgerbeteiligung und -information festgelegt werden.

Es wird wieder gebaut! Nach jahrelangem Leerstand und dem Rückbau von Wohnungen steigt die Bevölkerungszahl seit spätestens 2011 auch in Marzahn-Hellersdorf wieder an.

Dieser Entwicklung hat das Bezirksamt mit der Anpassung des Wohnungsmarktentwicklungskonzeptes im Jahr 2016 Rechnung getragen. Ging der Bezirk 2013 noch von einem eher vorsichtigen Anstieg der Einwohnerzahl aus und einer Verdichtung hauptsächlich durch Einfamilienhäuser, wurde in der Fortschreibung 2016 der Fokus auf Geschosswohnungsbau und einer stärkeren Nutzung von Freiflächen für den Wohnungsbau gelegt. Die Linksfraktion hatte dies bereits zuvor mehrfach gefordert, da schon bei der ersten Erstellung des Konzeptes 2013 absehbar war, dass die angedachten Maßnahmen nicht ausreichen würden, um der wachsenden Stadt gerecht zu werden.

Das Bezirksamt hat 2016 unter dem damals zuständigen Bezirksstadtrat Christian Gräff  Potentialflächen für bis zu 11.000 neue Wohnungen im Bezirk definiert. Etwa die Hälfte davon könnten bis 2025 errichtet werden, die weiteren bis nach 2030. Im Vorwort betonte Gräff 2016: „Marzahn-Hellersdorf bietet eine hervorragende Infrastruktur, angefangen von Bildungseinrichtungen, über Grün- und Freiflächen bis hin zu attraktiven Verkehrsverbindungen in die Mitte Berlins und ins Umland.“

Bereits in der vergangenen Wahlperiode wurde die Dringlichkeit neuer Wohnungen erkannt und in dieser der Neubau durch den rot-rot-grünen Senat nochmals verstärkt. Damit Berlin insgesamt in allen Teilen der Stadt seine Wohnungsbauziele erreicht, muss auch Marzahn-Hellersdorf den 2016 definierten Beitrag leisten. Dies ist unabhängig davon, ob sich einzelne Vorhaben in anderen Teilen der Stadt verzögern. Die jetzt eingeleiteten Bauprojekte finden zum großen Teil auf eben jenen 2016 definierten Flächen statt und fügen sich in das 11.000-Wohnungen-Ziel ein.

Mit dem Wohnungsbau muss auch die soziale Infrastruktur wachsen. Durch das Soziale Infrastrukturkonzept (SIKo) hat das Bezirksamt den Bedarf an Schulen, Kindergärten, Grünanlagen und Freizeiteinrichtungen für die kommenden Jahre definiert. Obwohl das frühere Bezirksamt, geführt von SPD und CDU, die Notwendigkeit des Wohnungsbaus zumindest am Ende der Wahlperiode erkannte, spiegelt sich der dringende Bedarf an zusätzlicher sozialer Infrastruktur in den Planungen des damaligen Bezirksamtes nicht wieder. Weder die Schulentwicklungsplanung noch die damals angedachten Investitionen haben den intensiven bevorstehenden Wohnungsbau flankiert. So wurden beispielsweise zwei leerstehende Schulgebäude im Havelländer Ring Zugunsten der Entwicklung des Gut Hellersdorf 2014 vom damaligen Bezirksstadtrat Gräff und Schulstadtrat Komoß zum Abriss freigegeben. In der Schulentwicklungsplanung 2013 bis 2017 finden sich keine Maßnahmen, die beispielsweise dem zusätzlichen Bedarf in Biesdorf (Fuchsberg-Grundschule) oder Hellersdorf Nord (Kolibri-Grundschule und Grundschule am Schleipfuhl) Rechnung tragen. Erst in dieser Wahlperiode wurden erste Maßnahmen ergriffen, um mit der wachsenden Bevölkerung auch die soziale Infrastruktur anzupassen.

Überall wo gebaut wird, wollen Bürger*innen zu Recht mitreden und rechtzeitig über die geplanten Maßnahmen informiert werden. Die Bezirksbürgermeisterin und Bezirksstadträtin für Stadtentwicklung Dagmar Pohle ist in diesen Wochen und Monaten regelmäßig in Einwohnerversammlungen zum Wohnungsbau tätig, um eine möglichst umfangreiche Beteiligung und Information der jeweiligen Kieze zu ermöglichen. Nicht immer ist jedoch eine intensive Einflussnahme auf Bauprojekte möglich. Gerade Besitzverhältnisse machen dies schwierig und nicht immer gehen Interessen der Anwohner*innen mit den Zielen des Wohnungsbaus zusammen. Hier sind immer ein sensibler Ausgleich und gegenseitiges Verständnis gefragt, um den Prozess der wachsenden Stadt für alle verträglich zu gestalten. Es ist nachvollziehbar, dass Veränderungen in den Wohngebieten auch zu Unmut führen. Jedoch werden Konflikte kaum zu vermeiden sein, wenn auch Marzahn-Hellersdorf für immer mehr Menschen ein gutes und liebenswertes Zuhause bieten soll.

Zwei derzeit konkret diskutierte Vorhaben – ein Hochhaus am Kastanienboulevard in Hellersdorf und ein Wohnhaus im sogenannten Cecilienviertel – erregen den Unmut einiger Bewohner*innen. Die Linksfraktion begrüßt grundsätzlich den Bau neuer Wohnungen auch in diesen Quartieren. Eine möglichst umfangreiche, frühzeitige Information der Anwohner*innen sowie, wenn möglich, Kompromisse sind geboten. Im Fall des Hochhauses am Kastanienboulevard muss bedacht werden, dass eine möglichst effiziente Nutzung von Flächen – zum Beispiel Aufstockung bestehenden Gebäude und Neubau in die Höhe - auch den jetzigen Anwohner*innen zu Gute kommt. Nicht immer ist der Bau in die Breite, dafür aber niedriger sinnvoll, wenn dadurch ebenfalls notwendige Freiflächen geopfert werden müssen. Weiterhin erfreut sich in anderen Teilen des Bezirks das Wohnen in der Höhe großer Beliebtheit. Wer in ein Hochhaus zieht, bevorzugt oftmals eine obere Etage gegenüber dem Erdgeschoss.

Für viele Wohnungsgenossenschaften ist die Aufstockung ihrer Gebäude eine attraktive Möglichkeit sich am Wohnungsneubau zu beteiligen. Es ist ihnen oftmals kaum möglich zusätzliche Flächen zu erwerben und sie können bezahlbaren Wohnraum nur durch Neubau im Bestand durchführen. Jedoch ist auch hierbei auf ein verträgliches Maß zu achten. Nicht jedes Wohngebiet ist für massive Aufstockung ausgelegt.

Die Linksfraktion wird der Bezirksverordnetenversammlung vorschlagen, gemeinsame Leitlinien in Ergänzung des Wohnungsmarktentwicklungskonzeptes zu verfassen. Hierbei können Grundsätze wie der weitgehende Verzicht auf Innenhofbebauung sowie Maßnahmen zur verstärkten Bürgerbeteiligung und -information festgelegt werden. Wir werden dies in einer der nächsten Sitzungen des Stadtentwicklungsausschusses auf die Tagesordnung setzen.